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Praxis Dr. Meadows – der Schlafexperte im Interview

(28.03.2019) Für unsere Serie zum Thema Schlaf arbeiten wir mit Experten wie Dr. Guy Meadows zusammen. Der britische Arzt ist promovierter Schlafforscher und Gründer der London Sleep School. Wir durften ihn zu seinem Lieblingsthema ausfragen.

Dr. Guy Meadows ist einer der führenden Schlafforscher Großbritanniens und unser wissenschaftlicher Experte zum Thema Schlaf.

Wie wird man eigentlich Schlafforscher? Und warum?

Ich war zuerst Arzt, bevor ich zum Thema Schlaf kam. Mich hat das Thema Sauerstoff fasziniert, vor allem die Sauerstoffversorgung im Gehirn. Im Laufe meines Studiums hat mich ein Kollege gefragt: „Weißt du eigentlich, dass manche Menschen im Schlaf aufhören zu atmen?“ Das hatte ich noch nie gehört. Es nennt sich Schlafapnoe – dabei wird die Luftzufuhr im Schlaf unterbrochen und das Gehirn bekommt weniger Sauerstoff. Das hat mein Interesse am Thema geweckt. Während meiner Promotion habe ich viereinhalb Jahre lang in einer Schlafklinik Patienten untersucht und beraten. Heute behandle und berate ich auch in unserer Sleep School. 

Wie schläfst du eigentlich selbst?

Ironischerweise bekommt man als Schlafforscher selbst nachts kein Auge zu. Ich habe während meinen Studien andere Leute beim Schlafen beobachtet – und dann wie ein Schichtarbeiter tagsüber geschlafen. Das ging mehr als vier Jahre so und hat meinen natürlichen Schlafrhythmus zerstört. Am Ende konnte ich gar nicht mehr schlafen.

Das klingt ja furchtbar! Was hast du dann gemacht?

Zum Glück arbeitete ich ja in einer Schlafklinik. Da hatten wir Experten für Schlaflosigkeit und als Arzt begann ich mich dann auch selbst mit dem Thema aktiv zu beschäftigen. Damals gab es hauptsächlich medikamentöse Behandlungen – von denen habe ich nie viel gehalten. Ich lernte die kognitive Verhaltenstherapie kennen, das funktioniert. Aber ich konnte immer noch nicht wirklich gut schlafen. Dann habe ich etwas entdeckt, was heute sehr bekannt ist: Achtsamkeit. Damals gabs das nur im buddhistischen Kloster (lacht).

Und Achtsamkeit hat dir geholfen, wieder zu schlafen?

Ja. Ich habe dann noch eine weitere Therapieform kennengelernt, die sogenannte „Acceptance and Commitment Therapy“. Das ist eine Form der Psychotherapie, die bereits gut dokumentiert ist. Man wendet sie bisher bei chronischen Schmerzen oder Abhängigkeiten an. Ich habe in meinem Buch beschrieben, wie man die Vorteile dieser Therapie und der Achtsamkeit auch auf das Thema Schlaf anwenden kann. Seitdem schlafe ich selbst auch wieder gut.

Du hast in der Klinik im Schichtbetrieb gearbeitet. Welche Tipps kannst du Menschen geben, die einen ähnlichen Arbeitsrhythmus haben?

Wer nachts arbeiten muss, der sollte prinzipiell die gleichen Grundsätze beachten wie alle anderen Menschen auch. Nur zu anderen Zeiten. Damit meine ich, dass man sich auf den Schlaf innerlich und äußerlich vorbereiten kann. Ein Beispiel: Am Ende der Nachtschicht sollte man alles so dunkel wie möglich halten – keine E-Mails mehr checken, kein Fernsehen mehr schauen und am besten auch nicht mit dem Auto nach Hause fahren, sondern mit der Bahn oder dem Bus, damit man die Augen schon einmal schließen kann und zur Ruhe kommt. Eine dunkle Sonnenbrille hilft auch.

Was ich interessant finde: im Grunde sind wir alle Schichtarbeiter. Denn Schichtarbeit führt dazu, dass unser biologischer Schlafrhythmus aus dem Gleichgewicht gerät, weil wir anders leben, als es gut für uns wäre. Damit meine ich, dass wir nicht zur richtigen Zeit schlafen gehen und nicht die richtige Menge Schlaf bekommen. Das verursacht die Müdigkeit, die viele Menschen unter der Woche verspüren. Schuld daran sind lange Arbeitstage, künstliches Licht überall und unsere Tendenz, nicht zur Ruhe kommen zu wollen.

Wie viel Schlaf man benötigt, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich – die meisten kommen mit sieben bis acht Stunden pro Nacht aus.
Lieber direkt mit Klingeln des Weckers aufstehen – oder ihn gleich auf eine spätere Uhrzeit stellen.

Wieso wollen wir nicht zur Ruhe kommen? Schlaf ist doch etwas Schönes!

Absolut. Leider hat Schlaf oft ein schlechtes Image – völlig zu Unrecht. Schlafentzug schadet dem Gehirn und wirkt, als hätte man Alkohol getrunken. Ich denke, Sprüche wie „der frühe Vogel fängt den Wurm“ werden oft missverstanden als „man darf nicht lange schlafen“. Dabei haben Menschen ganz unterschiedliche Schlafbedürfnisse – die meisten liegen bei sieben bis acht Stunden, aber es gibt durchaus Menschen, die zehn Stunden pro Nacht brauchen. Denen hilft es nichts, wenn sie ihren Schlaf unterdrücken, um angeblich produktiver zu sein.

Letzte Frage: Deine Meinung zum Snooze-Button am Wecker?

Ich bin kein Fan (lacht). Ich habe neulich eine Frau getroffen, die hat morgens alle zehn Minuten auf den Knopf gedrückt und lag noch zwei Stunden im Bett. In der Zeit hätte sie einen ganzen Schlafzyklus durchlaufen können und wäre erholt aufgewacht. Mein Rat: Kümmere dich lieber darum, rechtzeitig ins Bett zu gehen und genug Schlaf zu bekommen. Dann wachst du ganz ohne Wecker auf!

Lieber Guy, vielen Dank für das Gespräch – wir freuen uns auf viele weitere Tipps zum Thema Schlaf!


Über den Autor: Georg Rehberger

Ich schreibe für IKEA Blogbeiträge und andere Texte zu verschiedenen Themen. Mein Lieblingsmöbelstück ist ganz klar der LACK Tisch. Er ist funktional, schick und günstig. Wir hatten ungefähr fünf oder sechs davon in unserer Studenten-WG – da war es nicht schlimm, wenn mal einer kaputt ging. Ich hab immer noch einen LACK Tisch zuhause.

Meine geheime Leidenschaft? Ich koche gerne für viele Gäste. Das ist zwar nicht besonders geheim, aber macht mir wahnsinnig Spaß. So kann ich Menüs zusammenstellen und habe quasi ein eigenes kleines „Restaurant“, wenn ich 10-12 Freunde bewirte. Es freut mich einfach, wenn alle satt und glücklich sind.

Mein Traum wäre, noch mehr Sprachen sprechen zu können – dann könnte ich noch mehr Kulturen rund um die Welt besuchen, erkunden und vor allem auch verstehen.