
Die Fundgrube gehört für mich ebenso zu IKEA wie die Köttbullar oder der Schwedenshop. Nach jeder meiner Shoppingtouren durch das Einrichtungshaus lande ich am Ende noch einmal in der Fundgrube und schaue, ob sich ein Schnäppchen ergattern lässt.
Das scheint nicht nur mir so zu gehen, denn Zahlen belegen, dass im letzten Geschäftsjahr deutschlandweit rund 3,5 Millionen Artikel aus der Fundgrube ein neues Zuhause gefunden haben.
Aber was steckt eigentlich hinter der Fundgrube? Welchen Weg legen die Fundstücke zurück, um dort zu landen? Anlässlich des Global Recycling Days am 18.03. durfte ich einen Tag lang exklusive Einblicke in die Recovery-Abteilung von IKEA Kaiserslautern erhalten. In diesem Artikel erfährst du mehr über den spannenden Besuch, die positive Wirkung der Recovery-Aktivitäten in Sachen Nachhaltigkeit und die Aha-Erlebnisse, die ich vor Ort hatte.

Erst Recovery, dann Recycling
Um kurz die Begrifflichkeiten zu klären: Mit Recovery ist in unserem Kontext die Wiederherstellung und Wiederverwertung von Produkten gemeint. Recycling dagegen ist ein Schritt im Rahmen des Abfallmanagements, bei dem das Produkt selbst nicht weiterexistiert, sondern nur die verwendeten Ressourcen zurückgewonnen werden. „Für uns ist die Müllvermeidung das oberste Ziel, erst im zweiten Schritt setzen wir auf Recycling“, erklärt Olivier Robuste, Recovery Manager bei IKEA Deutschland. Dies führe dazu, dass der Kreislauf eines Produktes gar nicht erst unterbrochen wird. Findet ein Produkt den Weg zurück in eines unserer Einrichtungshäuser, beispielsweise, der Kunde seine Meinung geändert hat, wird es erstmal gründlich geprüft. „Unsere erste Priorität ist es, das Produkt wieder original zu verpacken und erneut in das ‚normale‘ Sortiment mit aufzunehmen, vorausgesetzt, es ist frei von Mängeln“, so Olivier. So wurden allein im letzten Geschäftsjahr insgesamt 1,1 Millionen Artikel neu verpackt und wieder in den Verkauf gegeben.
Sollte das Produkt Fehler aufweisen, die durch Nachbesserungen nicht behebbar sind, oder ein Sortimentsausläufer sein, landet es in der Fundgrube. Ist es auch für die Fundgrube untauglich, wird das Produkt zerlegt. Dabei werden aus unbeschädigten Materialien Ersatzteile generiert. So landet alles im Ersatzteillager – von Schranktüren bis hin zur kleinsten Schraube. Erst, wenn das Produkt keine der drei Bedingungen erfüllt, wird es im Zuge des Abfallmanagements verwertet. Hier wird das Produkt sorgfältig zerlegt, wertstoffrein sortiert und dem Recycling-Prozess unterzogen. Diese Routine findet sich in jeder Recovery-Abteilung der Einrichtungshäuser wieder.

Recovery hautnah miterleben: Michael Šimatić und sein Team zeigen, wie es geht
Klingt in der Theorie ganz spannend. Um mich persönlich davon zu überzeugen, bin ich in das Einrichtungshaus Kaiserslautern gefahren und habe mir dort den Recovery-Bereich angeschaut.
Vor Ort angekommen, finde ich direkt hinter dem Umtauschschalter für Kunden das sechsköpfige Recovery Team vor, das nur darauf wartet, von Kollegen des Umtauschservices Waren anzunehmen und zu inspizieren. Dem geschulten Blick der Recovery-Mitarbeiter entgeht nichts: Sie erkennen sofort, ob sich Produkte wiederverpacken und verkaufen lassen, oder ob diese ein Fall für die Fundgrube oder das Abfallmanagement sind. Außerdem sind sie auch für das Qualitätsmanagement verantwortlich. „Diese Doppelfunktion auszuüben ist sehr praktisch, weil wir durch die Nähe zum Umtauschschalter und die Zusammenarbeit mit den Kollegen Kundenfeedback direkt mitbekommen. Dieses Feedback können wir direkt in die Produktverbesserung mit einfließen lassen“, erzählt mir Sebastian Selent, Teammitglied der Recovery- und Qualitätsmanagement-Abteilung.

Ihr fragt euch, wie das Recovery-Team vorgeht? Aufgepasst:
Ein Stuhl wurde unmontiert und in Originalverpackung zurückgegeben. Diese ist zwar aufgerissen – die Einzelteile des Stuhls sind jedoch in einwandfreiem Zustand. „Auch hierfür haben wir schnell eine Lösung gefunden“, teilt mir Sebastian mit und führt mich zur Repack-Maschine. An einem Computer wählt er aus, um welches Produkt es sich handelt und stellt die Maschine entsprechend ein. Nun wird eine große Platte recycelter Pappe hervorgeholt, auf die Repack-Maschine gelegt und schon fährt sie über die Pappe und stanzt haargenau das Muster des Kartons aus. Dieser wird entsprechend gefaltet, um den Artikel darin verstauen zu können. Und schon haben wir ein Produkt, das bereit für den Wiederverkauf ist.

Weiter geht’s in die Fundgrube
In der Recovery-Abteilung wird es nie langweilig! Unterschiedlichste Artikel warten darauf, inspiziert, montiert, neu verpackt, geklebt oder geflickt zu werden. Auch für die Fundgrube stehen zahlreiche Einrichtungsgegenstände bereit, die auf eine zweite Chance warten. Gemeinsam mit Michael schaue ich mir die Fundgrube nochmal genauer an. Diese liegt Tür an Tür zum Recovery-Bereich des Einrichtungshauses. „Wir lassen die Tür offen, weil wir unseren Kunden gegenüber transparent sein möchten. Außerdem können wir so auch beratende Gespräche mit ihnen führen und sind immer ansprechbar“, erklärt Michael. Von Kleinteilen, die man sich selbst in Boxen zusammenstellen kann, bis hin zu Teppichen, Kommoden und Sofas ist in der Fundgrube alles zu finden.
„Das Tolle an der Fundgrube ist, dass alles, was vom Kunden kommt, auch wieder an den Kunden geht“, so Michael. In der Fundgrube gibt es regelmäßige Aktionen, wie z. B. ein Tagesangebot – ein Produkt, welches um 50% reduziert ist, oder Rabattaktionen für Schüler und Studenten. Ab und zu finden auch Auktionen statt, bei denen Fundstücke versteigert werden. Am 15.08. feiert das Einrichtungshaus außerdem sein fünfjähriges Jubiläum, zu dem die Fundgrube eine Glücksrad-Aktion geplant hat.

Letzter Stopp: Entsorgungssteg
Wie auch im Prozessablauf gehen wir zum Ende meiner Tour zum Entsorgungssteg. Hier werden Holz, Folie, Papier und Pappe, sowie Elektroschrott und Restmüll wertstoffrein getrennt. „Wenn wir Müll so sortenrein wie möglich trennen, bringt das wirtschaftliche Vorteile für uns. Deshalb versuchen wir auch immer, die wirtschaftlichen Vorteile der nachhaltigen Müllentsorgung an unsere Mitarbeiter zu kommunizieren“, erklärt Michael. Seit sieben Jahren führt er Nachhaltigkeitsschulungen für neue Mitarbeiter durch. Hier geht er besonders auf die Recovery- und Recycling-Aktivitäten und deren Einfluss, sowie die Fundgrube und das nachhaltige Produktsortiment von IKEA ein.
Das Fazit zur Recovery
Der Tag hinter den Kulissen hat mir gezeigt, mit welcher Systematik Recovery bei IKEA betrieben wird. Ich war beeindruckt, welche Wege Produkte gehen können und was hier möglich ist, um den Lebenszyklus eines Produkts so lange wie möglich zu gestalten. Von einem erfolgreichen Recovery-Prozess profitieren alle: von den Kunden über IKEA, bis hin zur Umwelt.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Olivier Robuste und vor allem dem Recovery & Quality Management Team in Kaiserslautern, die sich die Zeit genommen haben, mir ihr spannendes Tätigkeitsfeld näherzubringen!